Vertrieb & Marketing

Werbewirkungsmodelle: Übersicht der 8 wichtigsten Theorien

Lesezeit: 7 Minuten
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Autor: Ulrich Westermann

Datum: 28.03.2023

Frau mit Megaphon vor Gesicht symbolisiert Werbewirkungsmodelle

Wie wirkt Werbung auf uns? Diese Frage stellen sich Marketingfachkräfte, seit es die ersten Werbeplakate und Flugzettel gab. Im Laufe der Jahre kamen viele Erklärungsansätze zusammen. Das Ergebnis ist ein ganz schöner Buchstabensalat: SOR, AIDA, DAGMAR, ELM. Wir lösen auf, was sich dahinter verbirgt und erklären die 8 bekanntesten Werbewirkungsmodelle.

Inhaltsverzeichnis

    Was sind Werbewirkungsmodelle?

    Die Ausgaben für Werbung steigen Jahr um Jahr. Und natürlich möchte man herausbekommen, wie effektiv durchgeführte Werbemaßnahmen sind. Deshalb wurden verschiedene Modelle entwickelt. Diese lassen abschätzen, wie Werbung auf Konsument*innen wirkt. So wird versucht zu erklären, warum am Ende das beworbene Produkt gekauft wurde.

    Die sogenannte Customer Journey (Kundenreise) bildet den Weg der Kund*innen bis zum Kauf ab. Werbewirkungsmodelle werden manchmal mit Customer-Journey-Modellen gleichgesetzt.

    Das Problem dabei: Nicht alle Kund*innen kommen durch Werbung zum Produkt.

    Deshalb muss man eingangs beide Begriffe differenzieren.

    Der Ursprung: Stimulus-Response-Modelle

    Im 19. Jahrhundert entstanden die ersten Werbewirkungsmodelle. Sie hatten die ganz einfache Vorstellung, dass ein Reiz (Stimulus) immer eine bestimmte Reaktion (Response) hervorruft. Sie kennen vielleicht noch den Pawlowschen Hund aus dem Bio-Unterricht: Die Glocke läutet, der Hund sabbert.

    Auf das Marketing übertragen heißt das zum Beispiel: Ein Werbeplakat, eine schöne Verpackung, ein bekanntes Label oder ein niedriger Preis bewirken einen Reiz. Im besten Fall den, der zum Kauf animiert.

    Von SR- zu SOR-Modell für Marketing

    Ganz so simpel gestrickt sind Kund*innen jedoch nicht. Darum erweiterte die Werbewirkungsforschung das SR-Modell schnell zu SOR: dem Stimulus-Organism-Response-Modell.

    Es fügt den Menschen als „Organismus“ ein.

    Denn kein Reiz führt bei allen zur selben Reaktion. Erst die Verarbeitung der Werbung durch die Person entscheidet, ob ein Kauf erfolgt.

    Weil man nicht in die Köpfe hineinschauen kann, ist SOR im Marketing ein sogenanntes Black-Box-Modell der Werbewirkung. Kund*innen sind also schwarze Kisten, bei denen man nicht nachvollziehen kann, was in ihnen vorgeht. Man sieht nur, was rein- und wieder rauskommt.

    Mit der Entwicklung von Werbewirkungsmodellen, wurde nun auch das Geschehen zwischen Reiz und Reaktion dargestellt.

    Erstes Stufenmodell: AIDA

    Das AIDA-Schema von Elmo Lewis aus dem Jahr 1898 beschreibt den Prozess, durch den Werbung eine Reaktion bei den Empfänger*innen hervorruft. Das Akronym AIDA steht für die vier Phasen:

    1. Attention (Aufmerksamkeit)
    2. Interest (Interesse)
    3. Desire (Verlangen)
    4. Action (Handlung)

    Ein simples Beispiel: Die klassische Werbung sorgt für Aufmerksamkeit, die letztlich zur Handlung (dem Kauf) führt.

    Obwohl dieses Werbewirkungsmodell noch heute beliebt ist, gibt es Erweiterungen wie AIDAS, das am Ende noch das S für „Satisfaction“ (Zufriedenheit) ansetzt. AIDCAS wiederum fügte nach dem Verlangen noch die Überzeugung (Conviction) ein. Unser ausführlicher Artikel zum AIDA-Modell veranschaulicht das Konzept weiter.

    DAGMAR-Formel

    DAGMAR ist wie AIDA ein Akronym. Allerdings steht DAGMAR nicht für Phasen in der Customer Journey, sondern für einen Buchtitel:

    Defining Advertising Goals for Measured Advertising Results

    Russel H. Colley definierte in dem Buch von 1961 ein Stufenmodell mit 4 Zielen von Werbung:

    1. Awareness
    2. Comprehension
    3. Conviction
    4. Action

    Im deutschen Sprachraum werden die 4 Stufen oft näher aufgeschlüsselt in:

    • Wahrnehmung
    • Aufnahme
    • Verständnis
    • Speicherung
    • Einstellung
    • Kauf

    Obwohl DAGMAR ähnlich wie AIDCAS das AIDA-Werbewirkungsmodell sinnvoll um emotionale Aspekte erweiterte, wird es heute selten benutzt. Genauer erfahren Sie in unserem ausführlichen Beitrag, wie die DAGMAR-Formel angewendet wird.

    6 Stufen nach Lavidge & Steiner

    Ein weiteres Stufenmodell der Werbewirkung entwickelten 1961 Lavidge & Steiner mit dem sogenannten Hierarchy-of-Effects-Modell. Sie legten 6 Teilziele fest, auf die Unternehmen im Marketingprozess hinarbeiten sollten. Dazu ordneten sie die Ziele 3 Ebenen zu:

    • 01.

      KOGNITIVE WIRKUNGSEBENE

      Auf der kognitiven oder Informationsebene liegen die ersten beiden Teilziele:

      1. Bekanntheit: Rezipient*innen wissen, dass es das Produkt gibt.
      2. Kenntnis: Kund*innen wissen, was das Produkt ist und was es kann.

    • 02.

      AFFEKTIVE WIRKUNGSEBENE

      Im Bereich der Affekte oder auch Gefühle liegen die Ziele 3 und 4:

      3. Positive Einstellung: Kund*innen finden das Produkt gut.
      4. Präferenz: Kund*innen mögen das Produkt lieber als vergleichbare Angebote.

    • 03.

      KONATIVE WIRKUNGSEBENE

      Auf der Antriebs- oder Entscheidungsebene liegen dann die letzten beiden Ziele:

      5. Überzeugung: Kund*innen wollen das Produkt erwerben.
      6. Kauf: Das Produkt wird erworben.

    Für jede der 3 Ebenen sind verschiedene Marketingmaßnahmen angebracht.

    Beispiele der Wirkungsebenen

    Auf der kognitiven Ebene müssen Informationen und Fakten geliefert werden. Aber auch Werbung, um die Bekanntheit zu steigern und gute Produktbeschreibungen in Online-Shops.

    Auf der affektiven Ebene müssen die Emotionen der Rezipient*innen angesprochen werden. Das können Werbespots leisten oder auch Maßnahmen zur Verbesserung des Markenimages.

    Auf der letzten, konativen Ebene muss das Werbeziel der finale Anstoß zum Kaufwunsch und zur Kaufentscheidung sein. Zum Beispiel anhand eines günstigen Preises und einem einfachen Bestellprozess.

    Wie der Name schon verrät, bauen die Ebenen hierarchisch aufeinander auf. Das heißt, die Gefühlsebene steht nie vor der Information. Allerdings liegen die einzelnen Stufen teilweise nah beieinander und werden meist gleichzeitig durchlaufen.

    Deshalb ist diese starre Ordnung inzwischen eher überholt. 

    Stattdessen versuchen neuere Modelle, sich die Werbewirkung als dynamischen Prozess vorzustellen.

    Alternative-Wege-Modell nach Batra & Ray

    1985 stellten Batra & Ray das Alternative-Wege-Modell als eine prozessorientierte Theorie vor. Sie überlegten, wie und warum Menschen Informationen aus der Werbung aufnehmen und verarbeiten. Dabei führten sie das „Involvement“ als entscheidenden Faktor bei der Beschreibung von Werbewirkungen ein.

    Rezipient*innen setzen sich unterschiedlich stark mit Produktkategorien auseinander.

    Beim Kauf von Verbrauchsgegenständen wie Backpulver ist das Involvement niedrig. Mit der Urlaubsplanung wird sich dagegen intensiv auseinandergesetzt. Je nach Involvement ist also eine andere Art der Werbung nötig, um die gewünschte Wirkung zu erzielen.

    Es gibt nicht die EINE Werbestrategie, sondern alternative Wege.

    Beim Beispiel Backpulver wird die Kaufentscheidung eher aus dem Bauch heraus getroffen. Hier ist Markenbekanntheit durch häufige Wiederholung von Werbung ein möglicher Faktor oder auch ein sympathisches Testimonial. Beim Urlaubsziel hingegen sind viele Details zu Reiseangeboten und Vergleichswerte wichtig. Denn hier wollen Konsument*innen auf jeden Fall das beste Erlebnis bekommen und sind bereit, Zeit in die Recherche zu investieren.

    Werbewirkungsmodell von Kroeber-Riel

    Ganz ähnlich wie Batra & Ray dachte Kroeber-Riel. Er setzte Involvement der Rezipient*innen (hoch oder niedrig) und die Art der Werbung (informativ, emotional oder gemischt) in seinem Modell zu 6 möglichen Wirkungspfaden zusammen.

    Konsument*innen mit hohem Involvement:

    • Informative Werbung hat einen starken Effekt. Fakten werden wahrgenommen und gespeichert.
    • Emotionale Werbung lässt erinnern. Es besteht aber das Risiko, dass durch die intensive Auseinandersetzung Widersprüche aufgedeckt werden und ein negativer Effekt entsteht.
    • Gemischte Werbung führt zu komplexen rationalen und emotionalen Vorgängen, die schwer vorherzusagen sind.

    Konsument*innen mit niedrigem Involvement:

    • Informative Werbung hat höchstens bei häufiger Wiederholung einen Effekt. Bestenfalls wird sich an Marke und einzelne Fakten erinnert.
    • Emotionale Werbung braucht keine hohe Aufmerksamkeit, sondern kann auch flüchtig wahrgenommen werden. Sie löst unterbewusste, vor allem emotionale Vorgänge aus, die zur Kaufentscheidung führen.
    • Die Wirkung von gemischter Werbung auf wenig aufmerksame Konsument*innen ist schwer abzuschätzen. Die Werbebotschaft kann zwar erinnert werden, doch womöglich bleiben nur nebensächliche Fakten hängen.

    Rossiter & Percy: 5 Effekte von Werbung

    1997 identifizierten Rossiter & Percy in ihrem Modell die 5 Effekte von Werbung. Dieses wird also hauptsächlich dann wirksam, wenn die Bedürfnisse und Absichten der Zielgruppe auf eine glaubwürdige und überzeugende Weise angesprochen werden.

    Dazu sollten 5 Voraussetzungen erfüllt werden:

    1. Kategoriebedürfnis schaffen

    Rezipient*innen müssen davon überzeugt sein, dass das jeweilige Produkt zu einem angestrebten Zustand verhilft. Hat man zum Beispiel Hunger, ist Sättigung das Bedürfnis. Durch den Kauf und Verzehr eines beworbenen Nahrungsmittels wird dieses gestillt.

    2. Markenbekanntheit erreichen

    Konsument*innen müssen sich entweder an eine Marke erinnern oder sie zumindest wiedererkennen, wenn sie diese sehen. Nur dann wird das Produkt innerhalb einer Kategorie auch bewusst wahrgenommen.

    3. Positives Markenimage

    Konsument*innen brauchen eine positive Einstellung zum beworbenen Produkt. Nur dann wird es gegenüber anderen bevorzugt. Rossiter & Percy unterscheiden bei der Einstellung zum Produkt 2 Dimensionen: das Kaufrisiko & die Kaufmotivation.

    Demnach ist die Bereitschaft, sich eingehend zu informieren, dann größer, wenn das Risiko für einem Fehlkauf höher ist. Die Kaufmotivation ist außerdem entweder negativ (Vermeidung unangenehmer Zustände) oder positiv (Erreichen angenehmer Zustände).

    Dadurch lassen sich Produkte in 4 Felder einteilen:

    • 01.

      Niedriges Risiko

      Produkte mit niedrigem Risiko, die zum Erreichen schöner Gefühle gekauft werden (z. B. Schokoriegel, Parfüm)

    • 02.

      Zustände

      Dinge mit niedrigem Kaufrisiko, die unangenehme Zustände beheben sollen (z. B. Putzmittel, Regenschirm)

    • 03.

      Negative Motivation

      Waren oder Services, die mit hohem Risiko und negativer Motivation gekauft werden (z. B. Versicherungen, Waschmaschine)

    • 04.

      Hohe Gefahr

      Produkte zum Erreichen angenehmer Emotionen, die mit höherer Gefahr eines Fehlkaufs behaftet sind (z. B. Urlaub, Fernseher)

    4. Schaffung einer Kaufabsicht

    Der 4. Effekt sollte Kund*innen dazu animieren, das Produkt der bestimmten Marke zu kaufen.

    5. Verschaffen einer Kauferleichterung

    Marketingmaßnahmen sollten klarmachen, dass ein Produkt ohne Probleme gekauft werden kann. Zum Beispiel kann Ratenzahlung mögliche Finanzierungsprobleme beheben.

    Je nachdem, wo ein Produkt sich in diesem Rossiter-Percy-Grid befindet, sollte die Marke ein anderes Image anstreben. Eine Versicherung sollte mit der Werbebotschaft z. B. eher ein seriöses als lustiges Markenbild erzeugen.

    Das Rossiter-Percy-Modell der Werbewirkungsforschung ist nicht starr. Es müssen nicht alle Voraussetzungen erfüllt werden, damit ein Kauf erfolgt. Auch ist die Reihenfolge austauschbar. 

    Gerade beim Thema Einstellung zur Marke ist die Zielgruppe entscheidend.

    Einige Personen kaufen sich z. B. ein Fahrzeug, um sich damit etwas Schönes zu gönnen. Für andere ist es reines Mittel zum Zweck.

    Elaboration Likelihood Modell

    Das Elaboration-Likelihood-Modell (ELM) beschreibt, wie Menschen Informationen verarbeiten und auf sie reagieren. Es wurde von Richard E. Petty und John T. Cacioppo entwickelt und ist ein wichtiger Beitrag zum Verständnis der Werbewirkung.

    Das ELM unterscheidet zwischen zwei Wegen, auf denen Menschen Informationen verarbeiten: dem Haupt- (central route) und dem Hilfs- (peripheral route) Verarbeitungsweg.

    Während der Hauptverarbeitungsweg durch tiefgreifende Analyse und kritische Überlegungen geprägt ist, beruht der Hilfsverarbeitungsweg auf oberflächlichen Merkmalen und Verallgemeinerungen. Welcher Weg genutzt wird hängt wieder von der Bereitschaft und Fähigkeit der Rezipient*innen ab, die Information zu verarbeiten.

    Entscheidend ist im Elaboration Likelihood Modell das Resultat, also die Einstellungsänderung.

    Dem ELM zufolge bleibt nämlich die Einstellung zu einem Produkt stabil, wenn Informationen auf der zentralen Route verarbeitet werden. Haben sich Konsument*innen einmal intensiv mit einer Marke auseinandergesetzt, bleibt die Haltung zu dieser bis auf Weiteres gleich. Wer sich z. B. einmal die Mühe gemacht hat, Versicherungen genauer anzuschauen, bleibt seiner Wahl langfristiger treu.

    Eine Einstellung, die auf der Hilfsroute entstanden ist, wird sich dagegen leichter wieder ändern. Kaufte man zuvor einen Schokoriegel wegen einer witzigen Werbung, kann schnell ein vergleichbares Produkt an seine Stelle rücken.

    Fazit zu Werbewirkungsmodellen

    Kein Werbewirkungsmodell ist perfekt. Dafür sind Menschen zu individuell – am Ende bleiben sie an bestimmten Stellen einfach wie eine Black Box. Trotzdem bieten die verschiedenen Werbewirkungsmodelle Ansätze, um die Kundschaft besser zu verstehen.

    Allerdings sollte diese immer an die Zielgruppe und das Produkt angepasst werden. Vor allem die neueren Modelle haben das erkannt. Sie berücksichtigen immer, ob das Produkt ein eher praktisches oder emotionales Bedürfnis erfüllen soll. Dazu ist wichtig, ob die Konsument*innen sich vor dem Kauf ausführlich informieren wollen. Je nach Konstellation sind dann andere Formen von Werbung und Marketingmaßnahmen angebracht.

    Das wichtigste Werbeziel ist aber immer noch die Markenbekanntheit. Sie spielt bei den meisten Theorien eine große Rolle.

    Profilbild: Ulrich Westermann

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