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7 Marketingflops: Parade der peinlichen Pannen

Lesezeit: 5 Minuten
Profilbild: Sevim Uezuem

Autor: Sevim Uezuem

Datum: 18.01.2023

7 Marketingflops: Parade der peinlichen Pannen

Pleiten, Pech und Pannen: Im Leben geht so mancher Schuss daneben. Davor sind auch Marketing-Profis nicht gefeit. Wir haben für Sie sieben kapitale Marketingflops gesammelt.

Inhaltsverzeichnis

    1. Die Tücken der Fremdsprache

    Mit Übersetzungen ist das so eine Sache. Erst recht, wenn Wörter in Fremdsprachen eine ganz und gar unfreiwillige Komik entwickeln.

    Zum Beispiel Apple, die Ende 2016 das iPhone 7 mit dem Slogan „This is 7“ auch in Hongkong einführten. Auf Kantonesisch indes bedeutet „7“ umgangssprachlich leider so viel wie: Penis. Aber auch andere Firmen traten ins sprachliche Fettnäpfchen.

    Eine kleine Auswahl:

    Ford musste in Brasilien den Modellnamen „Pinto“ ändern, weil dies auf Portugiesisch dasselbe meint wie „7“ auf Kantonesisch. Und auch mit dem Laster Fiera hatte Ford wenig Glück: Auf Spanisch bedeutet der Name „Bestie“, „Unmensch“ oder auch „hässliche Alte“.

    Toyota machte ähnliche Erfahrungen in Frankreich: Der Flitzer MR2 spricht sich auf Französisch wie M-ER-deux, was schnell gesprochen wie „merde“ (Scheiße) klingt.

    Der Chevrolet „Nova“ auf Spanisch wurde von Schelmen dagegen als „no va“ interpretiert („fährt nicht“).

    Und selbst die Marketing-Cracks von Coca-Cola wären beinahe auf die Nase gefallen, als sie 1927 ihre braune Brause in China einführen wollten. Die Marke musste in chinesische Schriftzeichen transkribiert werden. Derweil hatten aber schon einige Ladeninhaber*innen nach Entsprechungen gesucht, die nach „Coca-Cola“ klangen – aber gänzlich andere Bedeutungen hatten. Zum Beispiel „weibliches Pferd befestigt mit Wachs“ oder „Beiß die wächserne Kaulquappe“. Am Ende entschied sich das Unternehmen für die Entsprechung „K’o K’ou K’o Lê“ in Mandarin. Zu Deutsch etwa: „dem Mund ermöglichen, jubeln zu können“. Geht doch!

    Merke: Im Marketing sollte man mit Sprache sorgsam umgehen – und immer an die Übersetzung denken.

    2. Den Mund zu voll genommen

    Ein gepfeffertes Eigentor schoss der amerikanische Softdrinkproduzent Dr Pepper anno 2008 – vor dem Hintergrund, dass die Rockband Guns N‘ Roses ihr lange angekündigtes (und letztlich für satte 13 Millionen Dollar produzierte) Album „Chinese Democracy“ schon etliche Male verschoben hatte. Aufgrund dieser Tatsache galt „Chinese Democracy“ – die Arbeiten hatten bereits 1994 begonnen – in Insiderkreisen schon als Synonym für ein endlos aufgeschobenes Projekt.

    Das veranlasste die Getränkefirma, die zur Cadbury-Schweppes-Gruppe gehört, zu einem kühnen Versprechen: Sollte das Album noch 2008 erscheinen, würden alle Amerikaner*innen eine Gratis-Dose Dr Pepper erhalten. Tatsächlich kam das Werk am 22. November 2008 heraus und brachte Dr Pepper in die Bredouille. Eilig wurde eine Website eingerichtet, auf der sich Interessent*innen für ihren Gratisdrink akkreditieren konnten. Diese brach allerdings unter der Menge an Aufrufen zusammen. Dafür bescherte die missglückte Werbekampagne dem Softdrink-Produzenten eine Klage der Rockband.

    Erst Ende 2009 war die Aktion abgeschlossen, wobei am Ende nur verhältnismäßig wenig User*innen tatsächlich die versprochene Büchse erhalten hatten.

    Merke: Auch im Marketing sollte man den Mund nie zu voll nehmen.

    3. Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht

    … verleihen dem Sender Authentizität und Glaubwürdigkeit.

    Deshalb hat Radio Oberhausen in diesem Jahr seine Hörer direkt angesprochen. Der Sender hat im Programm, im Internet und auf der Straße gefragt: Warum schaltet ihr uns gerne ein? Wann und wo hört ihr uns? Schickt uns bitte ein Foto von euch zu eurem Statement!

    Aus den Beiträgen von vielen hundert Teilnehmern entstanden so ganz persönliche Plakatmotive.

    Für diese Kampagne wurde ganz bewusst darauf verzichtet, professionelle Models zu engagieren. Die Motive zeigen Menschen wie Du und ich, „echte Radio Oberhausener”, für die der Sender täglich Programm macht.

    Fazit des Senders: Die Werbekampagne mit Hörern als Testimonials hat nach einem halben Jahr für einen spürbaren Quotenerfolg gesorgt. Die Verantwortlichen sind aber vor allem überzeugt, dass sie die Imagewerte des Senders nachhaltig verbessern konnten.

    4. Das Pool-Desaster

    Poolparty, Bikini-Mädels und kühle Getränke – das passt in der Werbung erfahrungsgemäß bestens zusammen. Manchmal allerdings kann der Gute-Laune-Mix auch schwer nach hinten losgehen. Diese Erfahrung machte ein deutscher Schnapsproduzent im Juni 2013 im mexikanischen Léon bei einer Werbeaktion mit Gratis-Drinks.

    Wurzel des Übels: Die ganz schlechte Idee, den besagten Pool auch noch in effektvollen Kunstnebel zu hüllen. Dazu gossen Mitarbeiter*innen vier Eimer mit flüssigem Stickstoff ins Becken. Was sie offensichtlich nicht wussten: Flüssigstickstoff und Chlorwasser sorgen im Zusammenspiel für eine heftige chemische Reaktion. Die Folge: Atemnot und Vergiftungserscheinungen. Neun junge Leute mussten im Krankenhaus behandelt werden.

    Merke: Werbegags sind manchmal gar nicht lustig. Und im Zweifel lohnt es sich, besser einen Fachmann zu fragen.

    5. Wie man seine Kund*innen gründlich vergrätzt

    Auch das war gut gemeint und ging gewaltig nach hinten los: „For you. Vor Ort.“ so lautete 2011 der viel diskutierte Werbeclaim der mittlerweile insolventen Drogeriemarkt-Kette Schlecker.

    Nachdem es reichlich Häme über das lupenreine Denglisch hagelte (manche Experten fanden den Spruch aufgrund seiner Ironie übrigens durchaus gelungen), kritisierte auch der „Verein für Sprachpflege“ den Slogan und wandte sich direkt an das Unternehmen. Und nun ging die Sache erst richtig in die Hose. Ein Schlecker-Sprecher rechtfertigte den Spruch nämlich wie folgt: Er solle durchschnittliche Schlecker-Kunden ansprechen, die „niederen bis mittleren Bildungsniveaus“ zuzuordnen seien. Und diese Zielgruppe gehöre nun mal nicht zu „reflektierten Sprachverwendern“. Die Folge, sicher wohlverdient: ein Shitstorm im Netz.

    Merke: Hättest du geschwiegen, wärst du Philosoph geblieben.

    6. Wenn der Burger im Munde stecken bleibt

    Anlässlich der Olympische Spiele 2002 kam der Hamburger-Riese McDonald’s auf eine nur bedingt gute Idee: Speziell für den Markt in Norwegen und Dänemark wurde als limitierte Edition der „McAfrica“ produziert.

    Angeblich basierte der Klops aus Rindfleisch, Käse, Tomaten und Pita-Brot auf einem authentischen afrikanischen Rezept. Dumm nur das Timing: Just zum selben Zeitpunkt litten mehrere Staaten im südlichen Afrika, darunter Malawi, Zimbabwe und Sambia, an einer massiven Hungersnot. Die norwegische Kirche, die vor Filialen „Katastrophen-Cracker“ verteilte, und das Rote Kreuz gingen auf die Barrikaden. Der Konzern reagierte zwar mit einer Entschuldigung „wir haben einen unglücklichen Zeitpunkt gewählt, um dieses neue Produkt auf den Markt zu bringen“ und erlaubte Hilfsorganisationen, Spendenboxen in seinen Filialen aufzustellen. So richtig klug wurde man aber offenbar nicht aus dem Marketingflop. 2008, diesmal zu Olympia in Peking, gab es eine kurzfristige Neuauflage des Afrika-Burgers. Mit ähnlich desaströsem Echo.

    Merke: Wer nicht hören will, muss fühlen.

    7. Chauvi-Sprüche und Sexismus

    Eigentlich ja keine schlechte Idee, den Kult-Comedian Atze Schröder mit flapsigen Sprüchen in die Wurstwerbung zu schicken.

    Was da allerdings im Frühjahr 2016 geschah, bruzzzelte eindeutig auf der Sparflamme des guten Geschmacks: „Seid ihr bereit für die größte Wurst des Sommers?“ fragte Atze, bewaffnet mit Grillzange, Bratwurst und fettem Grinsen: „Danach müssen Gina und Lisa erst mal in die Traumatherapie.“ Die Anspielung auf den Fall Gina-Lisa Lohfink war allzu offensichtlich: Das Model hatte nach Veröffentlichung eines Amateurpornos Strafanzeige gegen Vergewaltigung gestellt. Wurde dann aber selbst wegen falscher Verdächtigung verurteilt, was der Boulevard genüsslich ausschlachtete.

    Auf den fälligen Shitstorm reagierten sowohl der Hersteller als auch der Komiker mit Entschuldigungen. Der Clip verschwand schnell von der Bildfläche. Schröder distanzierte sich „absolut und ausnahmslos“ von „jeder Form sexueller Gewalt“. Vielleicht ein bisschen spät.

    Merke: Sexismus geht gar nicht. Und jetzt alle: Gar nicht!

    Fazit

    Auch Profis sind vor Marketingpannen nicht gefeit. Doch aus Fehlern kann man lernen: Richtiges Timing, der korrekte Kontext und der konsequente Blick auf mögliche Reaktionen helfen bei der erfolgreichen Konzeption eigener Marketingkonzepte.