Archiv

Kundenwert – Für welche Kund*innen lohnt sich Ihr Einsatz?

Lesezeit: 5 Minuten
Profilbild: Sevim Uezuem

Autor: Sevim Uezuem

Datum: 12.04.2023

Kundenwert – Für welche Kund*innen lohnt sich Ihr Einsatz?

Es heißt: „Der Kunde ist König“. Sollte dann nicht auch jeder Ihrer Kund*innen so behandelt werden? Die Realität zeigt, dass nicht alle Unternehmen die Kapazitäten dafür haben – es werden Klassifizierung vorgenommen.

Doch wie entscheidet sich, bei welchen Kund*innen sich ein erhöhter Arbeitsaufwand lohnt? Den Blick dabei nur auf den potenziellen Umsatz zu legen erscheint zwar einleuchtend, kann aber bei Weitem nicht alle gewinnversprechenden Chancen abdecken. Daher erfahren Sie in diesem Beitrag anhand von verschiedenen Faktoren, wie Sie den Kundenwert einstufen.

Inhaltsverzeichnis

    Sich einen Kundenstamm aufzubauen bedeutet zunächst viel Arbeit, Zeit und Mühe zu investieren. Sollten Sie also Ihre hart erarbeiteten Geschäftskontakte tatsächlich klassifizieren? Ja, in mancherlei Hinsicht ist es durchaus von Vorteil, eine gewisse Aufteilung vorzunehmen. Nicht selten wird für die Pflege einer Kundenbeziehung mehr Geld ausgegeben, als daran verdient wird. Dies könnten Sie durch eine vorherige Kundenbewertung vermeiden.

    Wann ist der Arbeitsaufwand gerechtfertigt?

    Zunächst sei ganz klar gesagt: All Ihre Kund*innen sollte von Ihnen das volle Leistungsangebot und den besten Service erhalten! Jedoch sind Ihr Budget und vor allem auch Ihre Zeit begrenzt, sodass man bei einem erhöhten Arbeitsaufwand schon unterscheiden muss, was aus ökonomischer Sicht am sinnvollsten ist.

    Denken Sie dabei an den Unterschied zwischen Effizienz und Effektivität.

    Die Effektivität beschreibt das Maß der Wirksamkeit. Oder einfacher gesagt: Inwiefern konnten wir unser vorher definiertes Ziel am Ende auch tatsächlich erreichen. Bei dieser Betrachtung wird der dafür eingesetzte Aufwand nicht weiter berücksichtigt. Wenn Sie beispielsweise durch die Einführung eines neuen Produktes 15 Neukund*innen für Ihr Unternehmen gewinnen wollten und es schlussendlich 13 wurden, dann war die Aktion sehr effektiv – egal welchen finanziellen und zeitlichen Aufwand Sie dafür aufbringen mussten.

    Im Vergleich dazu wird bei der Effizienz – dem Maß der Wirtschaftlichkeit – der Aufwand sehr wohl berücksichtigt. Das erzielte Ergebnis wird hierbei mit den aufgebrachten Kosten ins Verhältnis gesetzt. Dabei geht es also vorrangig um eine Kosten-Nutzen-Relation hinter der sich das sogenannte ökonomische Prinzip versteckt. Im besten Falle sollte der Nutzen höher sein als die Kosten oder wenigstens in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen. Wendet man diese Regel auf das vorher genannte Beispiel an, so sollten die Kosten für die Einführung des neuen Produktes nicht den erzielten Umsatz durch die 13 Neukund*innen überschreiten, sondern deutlich geringer sein. Nur so kann auch ein Gewinn verzeichnet werden.

    Ermittlung des Kundenwerts

    Doch wie können Sie nun bestimmen, wie hoch der einzelne Kundenwert ist? Dazu bieten sich verschiedene Modelle an. Dabei erfolgt eine Einteilung oftmals anhand von klassischen Kennziffern wie z. B. dem Umsatz, dem Deckungsbeitrag oder der Rentabilität. In der Praxis wird hierbei bevorzugt mit der ABC-Analyse gearbeitet.

    Quantitative und qualitative Kriterien kombinieren

    Bewertung erfolgt nicht immer nur zahlenorientiert. Ein Beispiel dafür ist die Weiterempfehlungsquote Ihrer Kundschaft. Wenn Sie es geschafft haben zu Ihren Kund*innen eine gesicherte Vertrauensbasis aufzubauen, können diese als Promoter*innen dienen.

    Multiplikatoren sind für Ihr Unternehmen von besonderer Bedeutung und sollten mit großer Sorgfalt betreut werden.

    So können z. B. Kund*innen mit einem kleinen Budget Ihre Dienstleistung an einem Unternehmen mit durchaus höheren Budget weiterempfehlen.

    Es gibt natürlich auch Analyse-Modelle, bei denen sowohl die monetären als auch die qualitativen Größen berücksichtigt werden. Dadurch wird die Klassifizierung der Kundendaten trennschärfer und umfassender.

    Die ABC-Analyse

    Dieses betriebswirtschaftliche Analyseverfahren unterteilt eine Kundenmenge in Kategorien – z. B. benannt mit A, B und C. Hierbei wird der Kategorie A die größte und der Kategorie C die geringste Bedeutung zugeschrieben. Durch diese Analyse gewinnt man einen Überblick über die Zusammensetzung des eigenen Kundenstamms.

    Wählt man beispielsweise den Umsatz als entscheidenden Faktor aus, so werden alle Großkund*innen in der Kategorie A gelistet. Die kleineren Kund*innen mit geringerem Umsatz gehören in die Kategorie C. Dabei handelt es sich natürlich nur um eine sehr grobe Einteilung, jedoch lässt sie die Kundendaten sehr übersichtlich erscheinen.

    Aber Achtung! Dieses Modell ist eindimensional und vergangenheitsorientiert.

    Wer auch in Zukunft weiterhin gute Geschäfte machen möchte, sollte auch nach vorne blicken und somit die Kundschaft zukunftsorientiert bewerten.

    Neben einer Bemessung über diverse Zahlenwerte, lassen sich Ihre Kund*innen nämlich auch anhand von einigen anderen Faktoren segmentieren.

    Kundenportfolio

    Bei der Kundenportfolio-Analyse arbeitet man mit einer Vierfelder-Matrix. Dazu werden zunächst zwei Schlüsselfaktoren benötigt, an Hand dessen Sie die Achsen der Matrix benennen können z. B. Umsatz und Potenzial der Kund*innen. Wobei unter Potenzial eher qualitative Größen zu verstehen sind. Die vier Felder der Matrix werden je einem Kundentyp zugeteilt:

    • Entwicklungskund*innen (entspricht den Question Marks in der klassischen Produktportfolio-Analyse)
    • Premiumkund*innen (Stars)
    • Abschöpfungskund*innen (Cash Cows)
    • Verzichtskund*innen (Poor Dogs)

    Anhand dieser vier Kategorien und der Achsen der Matrix, können Sie nun Ihre Kundschaft segmentieren. Dabei sollten Sie die Premiumkund*innen auf jeden Fall langfristig an Ihr Unternehmen binden und in die Kundenbeziehungen zu den Verzichtskund*innen am besten nicht weiter investieren.

    Scoring-Modelle

    Auch die sogenannten Scoring-Modelle basieren auf qualitativen und quantitativen Größen. Diese werden allerdings zu meist mit Hilfe von sehr aufwendigen und komplexen statistischen Verfahren erstellt. Ein Beispiel dafür ist die RFM-Methode (Regency Frequency Monetary Value), bei der es um einen Kundennutzwert geht.

    Dabei betrachtet man die Aktualität und Häufigkeit der letzten Käufe sowie den dabei erzielten Umsatz innerhalb eines bestimmten Zeitraumes.

    Customer Lifetime Value

    Der Customer Lifetime Value – oder auf Deutsch: der Kundenlebenszyklus – beschäftigt sich mit den verschiedenen Phasen einer Geschäftsbeziehung. Danach lassen sich diese in 5 Phasen einteilen:

    • Anbahnungsphase
    • Gewöhnungs-Phase
    • Wachstums-Phase
    • Reife-Phase
    • Trennungs-Phase

    Anhand dieser Phasen lassen sich Aussagen darüber treffen, in welchem Verhältnis die Werbekosten zum bisherigen Kundenwert stehen. Dabei sind diese z. B. in der Anbahnungsphase sehr hoch und der Kundenwert sehr gering. Jedoch lohnt sich eine Investition in dieser Phase, um die nächsten Phasen zu erreichen.

    In der Reife-Phase sind die Werbekosten sehr gering und der Kundenwert am höchsten. Bei dieser Analyse muss vor allem das Kaufverhalten und das Vertrauensverhältnis der Kund*innen geprüft werden, damit eine vernünftige Einteilung in die verschiedenen Phasen des Lebenszyklus vorgenommen werden kann.

    Wie können Sie den Wert von Bestandskund*innen steigern?

    Wenn Sie den aktuellen Wert Ihrer Bestandskund*innen betrachten, überlegen Sie sich, wie man diesen noch steigern könnte. Denn: “Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah?” Dieser alte Spruch passt zu dem nächsten Ansatz der Kundenbewertung – dem sogenannten Cross-Selling-Potenzial. Das wortwörtlich übersetzte “über Kreuz verkaufen” bedeutet, dass man auch mit Bestandskund*innen durch zusätzliche Angebote weiteren Umsatz generieren kann.

    Das Ziel ist somit schnell erklärt: den Kund*innen sollen möglichst viele verschiedene Produkte des Unternehmens verkauft werden, die sich im besten Falle auch noch sinnvoll ergänzen.

    Warum sollte z. B. eine Bank neben der Baufinanzierung nicht auch noch eine Urlaubsreise anbieten, damit sich die Kund*innen vom Hausbau erholen können? Kundendaten können also auch über diesen Faktor – nämlich wie viele Produkte bereits vom Unternehmen gekauft hat – klassifiziert werden.

    Innovative Kund*innen können Ihre neuen Produkte pushen

    Eher selten betrachtet, dafür aber umso wichtiger, sind die innovativen Kund*innen. Diese sind in Ihren Entscheidungen oft mutiger und wagen sich gerne an Neues heran. Somit übernehmen sie oft die Rolle des Vorreiters. Diese Kund*innen sind besonders wertvoll, wenn es darum geht, ein neues Produkt am Markt zu etablieren. Marktneuheiten können nur erfolgreich eingeführt werden, wenn innovative Kund*innen diese auch annehmen und im besten Fall danach auch weiterempfehlen.

    Fazit: Es lohnt sich die Blickrichtung zu ändern!

    Schlussendlich lohnt es sich, den eigenen Blick nicht nur auf die Vergangenheit zu richten, sondern zukunftsorientiert nach vorne zu schauen. Wenn Sie Ihre Kund*innen lediglich nach deren Umsatzstärke bemessen, gehen Ihnen vielleicht viele weitere Potenziale verloren. Außerdem sollte eine Kundenbewertung in regelmäßigen Abständen wiederkehrend durchgeführt werden, damit auch Veränderungen und Entwicklungen erfasst und berücksichtigt werden können.